04.02.2016
Warum wird nur nach besonders dramatischen Ereignissen wie der Kölner Silvesternacht über Gewalt gegen Frauen gesprochen? Obwohl jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen ist, schweigt unsere Gesellschaft meist zu diesem Thema. Am 25. November 2015, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, sollte dieses Schweigen gebrochen werden. "Gewalt gegen Frauen kommt viel zu häufig vor und vor allem wird sie leider viel zu häufig totgeschwiegen", so Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig. Als Schirmherrin der Aktion "Wir brechen das Schweigen" rief sie gemeinsam mit dem Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" zu einer bundesweiten Mitmachaktion auf: Jede und Jeder war eingeladen, ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen und die Nummer des Hilfetelefons zu teilen – im Internet oder auf der Straße. Eine Aktion, die Wellen schlug.
In den Sozialen Netzwerken stieß die Aktion auf zahlreiche UnterstützerInnen. Schließlich war es ganz einfach, aktiv zu werden und seine Solidarität mit von Gewalt betroffenen Frauen auszudrücken: Aktionsschild von der Webseite des Hilfetelefons ausdrucken, ein Selfie oder Gruppenfoto damit machen und das Bild mit dem Hashtag #schweigenbrechen in den sozialen Netzwerken posten. Fertig. Ein solches Selbstporträt auf Facebook oder Twitter ist scheinbar ein winziger Beitrag. Doch wenn viele mitmachen, kann es Großes bewegen. Hunderte Engagierte setzten mit Fotobeiträgen oder Videos ein Statement gegen Gewalt an Frauen. Ihre Facebook-Posts und Tweets bei Twitter wurden tausendfach geteilt und geliked, insgesamt erreichte die Aktion des Hilfetelefons allein in den sozialen Netzwerken schätzungsweise elf Millionen Menschen.
Wichtige Multiplikatoreninnen und Multiplikatoren waren die zahlreichen Prominenten aus Medien, Politik und Sport, die für die Aktion gewonnen werden konnten. Mit eigenen Video-Botschaften und Fotos setzten sie ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und forderten ihre Fans auf, sich ebenfalls zu engagieren. Allein ihre Videos wurden über 780.000 Mal aufgerufen. "Das Thema Gewalt gegen Frauen wird enorm tabuisiert. Es wird Zeit, dass wir das Tabu brechen und wirklich etwas ändern", forderte Starköchin Sarah Wiener in ihrer Botschaft. Dunja Hayali, Jessica Kastrop, Kim Kulig, Alina Levshin, Marcus Mittermeier, Kaya Yanar: Sie alle unterstützten das Hilfetelefon dabei, die 08000 116 016 bekannter zu machen. "Weitersagen heißt helfen", so Moderatorin Lisa Ortgies.
Neben der Foto-Aktion im Internet setzten zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer des Hilfetelefons eigene Aktionen um. In Arnstadt, am Fuße des Thüringer Waldes etwa wurde der wöchentliche Markttag zur Aktionsplattform: Initiiert durch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt sowie das lokale Netzwerk gegen Gewalt lud ein Team engagierter Mitarbeiterinnen die Marktbesucherinnen und Besucher ein, sich mit einem Aktionsschild ablichten zu lassen und sich damit gegen Gewalt an Frauen auszusprechen. Zwischen Kleider- und Gemüseständen entstanden zahlreiche Aktionsfotos – aber auch gute Gespräche über das Thema Gewalt gegen Frauen.
Im Video zur Aktion #schweigenbrechen erklären prominente Unterstützerinnen und Unterstützer des Hilfetelefons, warum in der Öffentlichkeit mehr über das Thema "Gewalt gegen Frauen" gesprochen werden muss. Zudem ermutigen sie gewaltbetroffene Frauen, sich vertrauensvoll an das Hilfetelefon zu wenden. Mitgewirkt haben neben den Moderatorinnen und Moderatoren Dunja Hayali, Jessica Kastrop und Mitri Sirin die Schauspieler und Schauspielerinnen Anne-Catrin Märzke, Alina Levshin und Marcus Mittermeier sowie die Starköchin Sarah Wiener.
Diskussionsrunde v.l. Dr. Ralf Kleindiek, Petra Söchting, Maria von Welser, Prof. Dr. Sabine Strövesand, Virginia Wangare Greiner, Anna Rebekka Helmy
Wir brechen das Schweigen: Im Zeichen der Mitmachaktion stand auch der Empfang im Familienministerium am 23. November. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig würdigte das Engagement von Unterstützerinnen, Unterstützern und Partnerinnen und Partnern des Hilfetelefons und lud sie dazu ein, sich an der Aktion zu beteiligen. "Wenn wir offen über Gewalt sprechen, erleichtern wir es den Betroffenen, Wege aus der Gewalt zu suchen und zu finden", so Schwesig. Im Rahmen einer Talk-Runde diskutierte Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek mit Expertinnen unter anderem, welche Unterstützungsangebote das Hilfetelefon vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsthematik bieten kann – und vor welchen Herausforderungen Beratungseinrichtungen derzeit stehen. Mit auf dem Podium standen die Leiterin des Hilfetelefons, Petra Söchting, Fernsehjournalistin und Publizistin Maria von Welser, Prof. Dr. Sabine Stövesand von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg sowie die Geschäftsführerin von "Maisha e.V. – Afrikanische Frauen in Deutschland" Virginia Wangare Greiner.
"Es ist unser Anliegen, das Thema Gewalt gegen Frauen immer wieder in den Mittelpunkt zu rücken – da, wo es eigentlich hingehört", so Bundesministerin Schwesig. Rund um den 25. November 2015, den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, erreichte das Hilfetelefon mit der Mitmachaktion Millionen von Menschen. In den sozialen Netzwerken, in zahlreichen Landkreisen und Städten und in den Medien stand das Thema Gewalt gegen Frauen auf der Tagesordnung. Ohne die Partnerinnen, Partnern und Unterstützerinnen und Unterstützern des Hilfetelefons wäre dies nicht möglich gewesen. Ihnen gilt der besondere Dank des Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen".
Doch Gewalt gegen Frauen ist und bleibt ein wichtiges Thema. Noch immer erfahren jeden Tag Frauen in Deutschland Gewalt. Darum ist dieser Dank verbunden mit der Bitte, am Ball zu bleiben. "Es geht immer wieder darum, Position zu beziehen und klare und deutliche Zeichen zu setzen", sagt Petra Söchting, die Leiterin des Hilfetelefons. "Gewalt gegen Frauen darf nicht totgeschwiegen werden, Hilfsangebote müssen bekannt gemacht werden. Bitte informieren Sie auch weiterhin Betroffene und ihr soziales Umfeld über das Beratungsangebot des Hilfetelefons – und ermöglichen Sie Frauen einen Ausstieg aus der Gewalt."