Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"

Videoporträt
der "frauenberatungsstelle düsseldorf e. V."

In der "frauenberatungsstelle Düsseldorf" berät die Sozialpädagogin und Traumatherapeutin Etta Hallenga Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben. Ihr Ziel: Frauen dabei helfen, ihre Erlebnisse zu verarbeiten – und befreit weiterzuleben. Im Videoporträt stellt Etta Hallenga das vielfältige Angebot der Beratungsstelle vor und spricht auch über die Zusammenarbeit mit dem Hilfetelefon.

Lesen Sie hier das vollständige Interview.

Sie arbeiten in einer der größten Frauenberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen. Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen?

In unserer Frauenberatungsstelle arbeiten wir zu zwölft – als Sozialarbeiterinnen, Sozialpädagoginnen, Juristinnen und Psychologinnen, mit und ohne Migrationshintergrund. In freundlichen, hellen Räumlichkeiten mitten in Düsseldorf beraten wir zu verschiedensten Formen von Gewalt. Mein Arbeitsbereich ist zum Beispiel der Notruf für vergewaltigte Frauen. Ich habe einen sehr spannenden, abwechslungsreichen Beruf, in dem ich nicht nur berate, therapiere oder Frauen ins Gericht begleite, sondern auch politische Arbeit machen darf.
  
Ein Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit ist die Beratung von Betroffenen von sexualisierter Gewalt. Welche Besonderheiten gibt es dabei?
Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, kommen in der Regel mit bestimmten Fragestellungen zu uns, auf die wir individuell eingehen. Wenn die Gewalttat erst vor Kurzem passiert ist, informieren wir die Frau zum Beispiel über die Möglichkeit der anonymen Spurensicherung und darüber, wie und wo sie eine Anzeige erstatten kann. Wir drängen aber niemals eine Betroffene dazu, den Täter anzuzeigen: Das entscheidet die Frau selbst. Entschließt sie sich zu einer Anzeige, bieten wir praktische Unterstützung, indem wir sie beispielsweise zur Polizei begleiten und ihr Rechtsanwältinnen empfehlen, die versiert auf diesem Themengebiet sind.
 
Und über die Akuthilfe hinaus?

In Gesprächen mit Beraterinnen suchen wir gemeinsam mit der Betroffenen nach Antworten auf ihre Fragen. Wie gehe ich mit Schuldgefühlen um? Wem kann ich überhaupt davon erzählen? Oder: Wie kann ich mit meinem Partner oder meiner Partnerin jemals wieder Sex haben? Wie gehe ich mit den wiederkehrenden Bildern um? Das sind nur einige der Herausforderungen, vor denen viele Betroffene von sexualisierter Gewalt stehen, und die wir in der Beratung gemeinsam angehen.
 
Haben Sie ein Beispiel für uns?

Es kam einmal eine junge traumatisierte Flüchtlingsfrau zu uns, die von einem Schlepper vergewaltigt worden war. Sie hatte ein Kind bekommen – und große Schwierigkeiten, ihren Sohn zu akzeptieren, weil sie in dem Jungen immer den Vergewaltiger sah. Wir haben die Frau über einen längeren Zeitraum beraten. Heute zu merken, wie gut die beiden nach unserer Zusammenarbeit miteinander klarkommen – das ist ein Highlight.
 
Für Frauen, die Gewalt erfahren haben, ist es oft sehr schwer, ihr Schweigen zu brechen und über das Erlebte zu sprechen. Wie erleichtern Sie Frauen diesen Schritt?

Zunächst einmal gestalten wir die Beratungen so niedrigschwellig wie möglich: Termine bieten wir recht kurzfristig an und können erste Fragen über unsere Fachberaterin am Telefon klären. Unsere Beratungen sind kostenfrei und auf Wunsch anonym. Auch ist unsere Beratungsstelle ein geschützter Raum: Alle Mitarbeiterinnen unterliegen der Schweigepflicht. Die Frauen können also sicher sein, dass nichts vom Erzählten nach außen dringt. Zudem ist unsere Beratungsstelle exklusiv für Frauen – denn ihre Sicherheit hat oberste Priorität.
 
Das bundesweite Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" hat den Anspruch, bestehende Beratungsangebote zu ergänzen. Wie erleben Sie das in der Praxis?

Viele Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe sind nachts nicht besetzt. Beim Hilfetelefon hingegen können sich Frauen auch um Mitternacht wegen akuter Krisen kostenlos und anonym an eine Fachberaterin wenden. Sie werden stabilisiert, erhalten erste Informationen und bekommen unsere Adresse oder die einer anderen Beratungsstelle. Das ist eine riesige Unterstützung.
Auch Frauen, die kein oder nur wenig Deutsch sprechen, können sich ans Hilfetelefon wenden und werden dort rund um die Uhr beraten. Das Dolmetschen können viele Fachberatungsstellen vor Ort so schnell gar nicht leisten.
 
Sofortige und niedrigschwellige Hilfe ist also wirklich wichtig.

Absolut! Ich finde, dass jede Frau, die Gewalt erlebt hat oder der Gewalt angedroht ist, sofort ein Recht darauf hat, auch entsprechende Unterstützung zu kriegen – es steht ihr zu! Die Bundesrepublik Deutschland signalisiert mit dem Hilfetelefon genau das: Gewalt gegen Frauen ist keine Bagatellsache. Es ist wichtig, dass von Gewalt betroffenen Frauen bundesweit eine niedrigschwellige Unterstützung angeboten wird.
 
In der Beratung können die erfahrenen Verletzungen nicht rückgängig gemacht werden. Wie messen Sie denn den Erfolg Ihrer Arbeit?

Unsere Arbeit ist getan, wenn Frauen, die Gewalt erfahren haben, das Erlebte in der Vergangenheit lassen können. Sie werden sich natürlich daran erinnern, aber sie sollen für sich eine Zukunft planen können mit ihren Stärken, mit ihren Ressourcen. Sie sollen ein glückliches, befreites Frauenleben führen können – das ist das Ziel unserer Arbeit.

Weiterführende Informationen

Internetseite der frauenberatungsstelle düsseldorf e. V.
www.frauenberatungsstelle.de

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